EINE GESCHICHTE ÜBER ROTE LIPPEN
Caroline de Maigret erklärt es uns in How to be parisian: Der rote Lippenstift ist für die Pariserin keine maquillage.
Wenn sie Yves Saint Laurents rouge pour couture auf ihren zarten Lippen trägt, maskiert sie sich nicht. Sie ist frei.
Sie hat schon früh gelernt, dass die Schönheitsindustrie eine Freundin der Unsicherheit ist, der Unfreiheit, Unvollkommenheit und Angst.
Die Parisierin ist sich ihrer selbst bewusst. Die Sicherheit darüber zieht sie aus dem Leben selbst. Seit und weil sie das Licht der Welt erblickt, weiß sie, dass sie einen unbedingten Wert hat.
Sie ist keine Sklavin ihrer selbst und erst recht keine der Gesellschaft.
Auch wenn die Pariserin in ihrer schwarzen Abendgarderobe nicht mehr bräuchte als rote Lippen auf ihrem ungeschminkten Gesicht, trägt sie ihr rouge viel lieber sonntags, auf dem Weg zum Bäcker.
Sie ist eine angepasste Rebellin, konsequent widersprüchlich und so wunderbar konventionell unkonventionell.
Genau wie der rote Lippenstift in ihrer Tasche.
Yves Saint Laurent getragen zu sozialkritischen Theaterbesuchen. Gekauft vom Trinkgeld ihres Kellnerjobs nach dem bac. Aufgetragen im kleinen Badezimmer ihrer Bekanntschaft von gestern Nacht. Nicht am Abend davor, um nicht den Anschein zu erwecken, sich für ihn Mühe gegeben zu haben.
Jetzt sieht er sie so. In rouge pour couture. Mit zerzottelten Haaren, um Croissants zu holen. Für sie beide. Er ist ihr doch wichtig. Genau wie das Rot auf ihren Lippen.